Schlagwort: Coming-out

Leslie Feinberg zur Erinnerung

Am 15. November 2014, drei Jahre ist das also mittlerweile schon her, da starb Leslie Feinberg – vielen bekannt als Autor/in des bahnbrechenden Romans Stone Butch Blues – Träume in den erwachenden Morgen.

Leslie Feinberg

Leslie Feinberg

Die Berliner L-Mag bat mich, zu diesem Anlass etwas zu schreiben. Das habe ich getan. Zur Erinnerung an Leslie hier noch einmal meine damaligen Gedanken:

Es passte gar nicht. Ich war im ersehnten Urlaub im sonnigen Nicaragua, meistens offline und in beschauliches Nichtstun vertieft, als mich die traurige Nachricht vom Tod Leslie Feinbergs erreichte. Andererseits passte es sehr gut: Ich hatte Muße – ich konnte meiner Betroffenheit nachspüren und meinen vielschichtigen Erinnerungen an Leslie Feinberg nachsinnen: an unsere Begegnungen hier in Berlin, an ihre Auftritte im Kreuzberger Club SO36 und in der Akademie der Künste 1997, an unseren Spaziergang am Landwehrkanal entlang durch den Tiergarten, bei dem sie von ihrer Suche nach ihren jüdischen Wurzeln erzählte und von ihrer Beschäftigung mit Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, an ihre Lesereise, bei der sie u.a. in Hamburg, Frankfurt, Leipzig, Kiel und Köln ein großes Publikum begeisterte.

Ich merke, ich schreibe von Leslie Feinberg in der weiblichen Form, was auf meine tiefverwurzelte Gewohnheit verweist, obwohl ich doch weiß, dass Leslie ein Mensch zwischen den herkömmlichen Geschlechterkategorien war: der erste Mensch, der mir – und vielen anderen vielerorts – das Thema Transgender nahegebracht hat – auch im Alltagsleben: Welche der beiden Toiletten benutzt eine Transgender? Aus der Damentoilette in der Akademie der Künste wurde Leslie Feinberg mit groben Worten hinausgewiesen. Sie konnte sich nur falsch entscheiden – in ihren Augen wie in denen der anderen. Doch auch ein Transgender-Mensch in Anzug und Krawatte kann einen Körper haben, der vor einem Auftritt unverhofft zu bluten beginnt und auf seine biologische Weiblichkeit verweist.

Bevor ich Leslie Feinberg begegnete, las ich ihr Buch Stone Butch Blues, das meine Freundin Birgit aus den USA mitgebracht und mir dringend und hartnäckig ans Herz gelegt hatte. Ich mochte es zunächst nicht aufschlagen, ich scheute zurück vor dem amerikanischen Buchcover mit dem traurigen Gesicht und dem schwermütigen Titel. Ich reichte es weiter an meine Verlagskollegin Dagmar Schadenberg. Die es verschlang. Und tief berührt war. Als ich es dann endlich las, erging es mir ebenso. Nach der Lektüre war uns beiden klar: Wir müssen dieses Buch auf Deutsch herausbringen. Ein Mammutprojekt für einen kleinen Verlag. Als Titel kamen wir auf Träume in den erwachenden Morgen – so eine hoffnungsvolle Formulierung am Ende des autobiografisch geprägten Romans –, denn der Begriff Butch oder gar Stone Butch war hierzulande zu der Zeit nicht geläufig. Später, bei einer der zahlreichen Nachauflagen, änderten wir das, und heute ist das Buch unter dem Originaltitel Stone Butch Blues lieferbar und steht in fast jedem LGBT*-Bücherregal. Ein Klassiker, der von der Suche nach einer Identität jenseits starrer Geschlechterkategorien im Spannungsfeld der Butch-Femme-Kultur der sechziger Jahre erzählt, von Stonewall, Gewerkschaftskämpfen und der neuen Frauenbewegung und der damit Geschichte lebendig macht. Ein Roman, der die Kategorie Geschlecht in Frage stellt und neu verhandelt, ein literarisches Pendant zu den theoretischen Texten der Genderforschung einer Judith Butler.

Cover zu »Stone Butch Blues« - der Stonewall-Roman von Leslie Feinberg

Cover zu »Stone Butch Blues« – der Stonewall-Roman von Leslie Feinberg

Erzählt wird von Jess Goldberg, die in den Sechzigern in Buffalo, N.Y. aufwächst, wo Frauen laut Gesetz mindestens drei weibliche Kleidungsstücke tragen müssen, um als solche erkennbar zu sein. Jess erlebt schon als Kind, was es bedeutet, klassischen Rollenerwartungen nicht zu entsprechen: Die Frage, ob sie ein Junge oder ein Mädchen ist, stellt sich immer wieder. Jess selbst identifiziert sich später als Butch, als „stone he-she“, und damit gehören Ausgrenzung und Anfeindung bis hin zu (sexueller) Gewalt zu ihrem Alltag. Böse Erfahrungen, schmerzvolle Erfahrungen. Später in New York wird Jess Teil einer Gemeinschaft von Lesben und Schwulen, von Butches und Femmes, Huren und Drag Kings und Queens, die den brutalen Übergriffen der Polizei ausgeliefert sind und sich schließlich vor dem Stonewall Inn dagegen zur Wehr setzen. Das wird sehr eindinglich, sehr authentisch erzählt und ist keine leichte Lektüre. Aber lohnenswert allemal. Und letztlich bleibt stets die Hoffnung. Jess verliert nie ihren Stolz, ihren (Überlebens) Mut, ihre Fähigkeit zu lieben. Sie ist eine begnadete Romantikerin. So beginnt der Roman rückblickend mit einem Liebesbrief an eine Theresa, die ich als Leserin zu gern gewesen wäre. Sehr berührend, sehr bezaubernd. Und schon hat eine/n das Buch gefesselt – so wie die/der Autor/in, die über Charisma und große Herzenswärme verfügte. Feinberg selbst hat sich als „anti-racist white, working-class, secular Jewish, transgender, lesbian, female, revolutionary communist“ bezeichnet – das lässt sich in ihren zahlreichen Artikeln und Blog-Beiträgen nachverfolgen –, mir wird sie jedoch vor allem als liebenswürdiger Mensch, als engagierte Visionärin und als mutiger Kämpfer für eine nicht nur in Sachen Gender gerechtere Welt in Erinnerung bleiben, als ein Mensch, der mich tief beeindruckt hat.
Leslie Feinberg war dabei, eine Jubiläumsausgabe von Stone Butch Blues vorzubereiten, als sie am 15. November nach jahrzehntelanger Krankheit im Alter von 65 Jahren zu Hause in Syracruse, N.Y., im Beisein ihrer langjährigen Gefährtin, der Dichterin und Aktivistin Minnie Bruce Pratt, starb.

Andrea Krug

Das Buch:
Leslie Feinberg
Stone Butch Blues – Träume in den erwachenden Morgen
Roman
Aus dem amerikanischen Englisch von Claudia Brusdeylins
480 Seiten, broschiert, ISBN 978-3-960041-35-0, 16.90 €
Verlag Krug & Schadenberg
-> Leseprobe

 

Karin Kallmaker – die »Queen of Lesbian Romance« …

 

Karin Kallmaker, die »Queen of Lesbian Romance«

Karin Kallmaker, die »Queen of Lesbian Romance«

… hat mittlerweile sieben Romane bei uns veröffentlicht. Und nun sind diese auch allesamt wieder lieferbar.
Nachgedruckt haben wir: Unvergessen und Ins Licht der Liebe und Es begann mit einem Kuss.
»Unvergessen« war der erste von uns verlegte Roman von Karin Kallmaker überhaupt. Wir haben lange hin und her überlegt, ob wir das Wagnis eingehen sollten. Die Übersetzungskosten waren beträchlich, die Druckrechnung hoch – und würden unsere Leserinnen diese Art von Unterhaltungsliteratur überhaupt mögen? Wir freuen uns bis heute, dass wir es gewagt haben – und der Erfolg uns bestätigt. Danke!
»Unvergessen« ist ein klassischer lesbischer Liebesroman mit viel Romantik und Leidenschaft, aktuell wie eh und je. Okay, Handys gab’s damals noch nicht. Aber dass eine in der Jugend unerfüllt gebliebene Liebe sich viele Jahre später doch noch aufs Schönste entfaltet, soll auch heute noch vorkommen. Und Jazz, die Musik, mit der die Heldin Erfolge feiert, ist ja absolut zeitlos.
Mit »Ins Licht der Liebe« folgte dann ein Coming-out-Roman, in dem ausgerechnet ein Fall von Mobbing alles ins Rollen bringt – die Solidarität der Heldin mit der gemobbten Kollegin kostet sie ihren Job. Und ihren wenig sympathischen Freund. Klar, wie es endet, aber der Weg dorthin ist voller Hürden und spannend zu verfolgen. Immer wieder schön, ein Happy-End zu genießen.
In »Es begann mit einem Kuss« nimmt Karin Kallmaker sich dann ein ganz anderes Setting vor: ein Teil der Handlung spielt in einem Frauenhaus. Auch das – Gewalt gegen Frauen – ist eine Problematik, die bis heute leider nichts von ihrer Brisanz verloren hat. Im Aufgreifen von Themen, die uns beschäftigen – wie beispielsweise Alter/n oder Körperbilder, mütterliche Einflüsterungen oder gesellschaftliche Erwartungen –, und deren Einbettung in eine fesselnde Lovestory erweist sich Karin Kallmaker als Meisterin. Und in diesem Sinne empfehle ich auch meine beiden besonderen Lieblinge: Dein Herz sei mein – der wohl selbstironischste und vielleicht autobiografischste aller ihrer bisherigen Romane – und den neuesten: Und auf einmal ist es Liebe, in dem sich alles ums Theater und ums Kochen und Essen dreht – sehr unterhaltsam und sehr lecker. Einfach mal reinschnuppern bei den Leseproben …

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Lesbische Lehrerinnen

Cover des Buches: "Bringen Sie doch Ihre Freundin mit!" - Gespräche mit lesbischen Lehrerinnen. Ein erzählendes Sachbuch von Claudia Breitsprecher.

Cover des Buches: „Bringen Sie doch Ihre Freundin mit!“ – Gespräche mit lesbischen Lehrerinnen. Ein erzählendes Sachbuch von Claudia Breitsprecher.

Claudia Breitsprecher, Autorin des kürzlich erschienenen Romans Hinter dem Schein die Wahrheit, hat einem freien, engagierten Radiosender ein sehr spannendes, informatives Interview zu ihrem Sachbuch gegeben: „Bringen Sie doch Ihre Freundin mit!“ – Gespräche mit lesbischen Lehrerinnen. Nachzuhören ist dieses Gespräch in 5 kurzen thematisch gegliederten Blöcken hier:

Im 1. Teil geht es um die Lebenssituation von Lesben im Lehramt sowie über Diskriminierungen, Probleme und lesbische Sichtbarkeiten im Schulalltag: http://www.freie-radios.net/82637

Im 2. Teil geht es darum, wie Schule Hetero-Normen schafft und reproduziert. Außerdem geht es um lesbische Vorbilder an Schulen: http://www.freie-radios.net/82639

Im 3. Teil geht es um die sogenannten „besorgten Eltern“ und warum diese so schwierig sein können. Außerdem geht es um Diversitäten: http://www.freie-radios.net/82642

Im 4. Teil geht es um die Befürchtungen welche lesbische Lehrerinnen vor ihrem Outing an Schulen haben. Es geht haben auch um die Vorteile eines Outings. Außerdem stellen wir die Frage, ob es eine Gleichberechtigung der unterschiedlichen Lebensweisen an Schulen gibt.http://www.freie-radios.net/82643

Im 5. Teil des Interviews geht es um die Gewerkschaft GEW, um lesbische Belange an Schulen, sowie um politische und gesellschaftliche Forderungen. http://www.freie-radios.net/82645

Klar wird in diesem Interview, dass sich seit Erscheinen des Buches bereits einiges getan hat, die grundlegenden Fragen und Probleme aber immer noch aktuell sind.

Also: Leseempfehlung für „Bringen Sie doch Ihre Freundin mit!“ – Gespräche mit lesbischen Lehrerinnen!

Merken

Merken

Eine feine Rezension: »Hinter dem Schein die Wahrheit« von Claudia Breitsprecher

Spät entdeckt, zugegeben, aber dafür ist die Freude nicht minder groß: passend zum Frauentag am 8. März hat eine Leserin namens Ovi auf www.amazon.de eine wunderschöne Rezension über den neuen Roman von Claudia Breitsprecher geschrieben:

»Herzlichen Glückwunsch an die Autorin und ihren Verlag für dieses gelungene Buch! Einfühlsam und spannend wird die Geschichte eines Coming-out erzählt und zwar aus der Sicht verschiedener, mit dem jungen Mann in Verbindung stehender Personen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Das eröffnet den LeserInnen auf subtile und glaubhafte Weise viele Facetten und Betrachtungsmöglichkeiten zum Thema Homo- und Heterosexualität sowie (Un-)Angepasstheit und Authentizität. Besonders gelungen sind die stringenten Charakterzeichnungen der drei FreundInnen inklusive ihrer jeweiligen Entwicklungs- und Erfahrungshintergründe. Die von Frau Breitsprecher in einer schönen Sprache geschickt erzählte Geschichte hat mich immer wieder neu gepackt. Sowohl durch die aufgebaute Spannung aber auch rein emotional. Ich habe gelacht und an anderen Stellen mit den Tränen kämpfen müssen. Diesen Roman werde ich sicherlich einige Male verschenken – und ganz bestimmt nicht nur den homosexuellen Menschen in meinem Umfeld!«

Wenn das keine Empfehlung ist! Wir freuen uns und sagen dankeschön!

Und möchten bei der Gelegenheit auch auf die beiden anderen schönen Romane der Autorin hinweisen: Auszeit und Vor dem Morgen liegt die Nacht. Alle drei Romane gibt es auch als E-Book.

»Alles ist anders« – einfach zauberhaft …

… meint die geschätzte Rezensentin Andrea Bruns in einer tollen Besprechung des neuen Romans von Birgit Utz, die uns so begeistert, dass wir sie hier einfügen:

utz_allesistanders-214x340

»Wir erinnern uns noch alle lebhaft an die Geschichte von Mel, die über die Grenzen ihrer Heimatprovinz Gummadingen in Schwabylon hinaus gewachsen ist und sowohl sich als auch ihre Bestimmung fernab der schwäbischen Gefilde suchte. Ihr Smalltown Blues nahm so einige von uns gefangen, mich ganz besonders und insgeheim habe ich darauf gehofft, eines Tages zu erfahren, was wohl aus Mel geworden ist.

Meine stillen Gebete wurden erhört und so durfte ich dieser Tage Alles ist anders den zweiten Roman der wundervollen Birgit Utz – in meinen Händen halten. Da der Roman im Hause Krug & Schadenberg verlegt wurde, habe ich natürlich nichts anderes erwartet, aber das Buch ist einfach zauberhaft.
Sobald frau die ersten Seiten gelesen hat, befindet sie sich auch schon wieder mitten drin in Mels Leben und fühlt sich in alles hinein, was sie durch- und erlebt.
Mel ist angekommen in Hamburg und in ihrer Beziehung zu Mona. Drei Jahre sind die beiden nun schon zusammen und doch beschleicht Mel das Gefühl, dass sie noch nicht so ganz angekommen ist. Irgendetwas fühlt sich (noch) nicht richtig an. Nicht stimmig. Aber was ist es? Die Faszination ihrer neuen Mitbewohnerin Sammy gegenüber? Der unbefriedigende Job?
Mel trifft nicht gern Entscheidungen und so stolpert sie quasi von allein in eine neue Phase ihres Lebens und auf einmal ist tatsächlich alles anders. Aber auch besser? Beständig?

Dieser Fortsetzungsroman lässt keine Wünsche offen. Man muss Smalltown Blues nicht zwingend gelesen haben, um der Geschichte zu folgen oder sich gar für die Protagonistinnen zu begeistern. Birgit Utz erzählt wieder mit dieser Leichtigkeit und Kraft von einem Leben, das uns allen bekannt vorkommt. Die gleichen Fragen und Themen haben uns schließlich alle schon beschäftigt. Bei der einen ist es länger her als bei der anderen, aber am Ende finden wir uns wieder in den Fragen, die sich Mel und Sammy stellen.
Leider ist auch dieses Buch viel zu schnell ausgelesen und auch wenn das Ende des Buches einem kitschigen Happy-End verdammt nahe kommt, ist jede Zeile ein Genuss, und ich würde mich freuen, den nächstem Roman von Birgit Utz so bald wie möglich in den Händen halten zu dürfen …

Quelle: https://femalegold.net/2016/09/10/von-der-provinz-in-die-grossstadt/

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

»Alles fängt damit an, dass Mel sie küsst …«

»Alles ist anders«, die Fortsetzung von »Smalltown Blues«, ist soeben als ebook erschienen und lässt sich also prima mit auf Reisen nehmen!
Taucht ein in die frühen Neunziger: Mel hat die schwäbische Provinz hinter sich gelassen und ist in Hamburg angekommen. Harald ist noch immer ihr bester Freund, und mit Mona hat sie ihre erste längere Frauenbeziehung. Mel jobbt als Bühnenbildnerin, lebt in einer Frauen-WG mitten in Altona, geht in die Frauenkneipe und die Rote Flora. Doch dann taucht eine Frau auf, die alles infrage stellt: ihre neue Mitbewohnerin Sammy, Literaturstudentin und Sängerin einer Riot-Girl-Band. Es fängt damit an, dass Mel sie küsst …

Utz_Allesistanders_eBook

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken